Werden Insolvenzverfahren durch Gläubiger beantragt, führt das oft dazu, dass sich Schuldner oder Organe des Schuldnerunternehmens jeder Kooperation mit dem Sachverständigen oder vorläufigen Insolvenzverwalter verweigern. Dadurch vergeben sie alle Chancen auf eine zukunftsorientierte Sanierung und setzen sich zudem häufig auch rechtlichen Schwierigkeiten aus.

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Mark Steh, Inhaber von hammes. Insolvenzverwalter

Ist ein Schuldner zahlungsunfähig oder überschuldet, können seine Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Das ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO): „Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.“ Alle Gläubiger können ein Insolvenzverfahren beantragen, aber bevor das Insolvenzgericht einem Fremdantrag stattgeben darf, muss es den Schuldner anhören. Ein Vorteil für Schuldnerunternehmen: Auch wenn der Gläubigerantrag zulässig ist, können Schuldner fristgerecht einen Eigenantrag stellen, um sich dann unter dem Schutz des Insolvenzrechts zu sanieren oder eine Restschuldbefreiung zu erlangen, wenn es sich um natürliche Personen handelt.

Sozialversicherungsträger und Krankenkassen verfolgen offene Beitragsforderungen nachdrücklich

Häufig sind es Einrichtungen der öffentlichen Hand, vor allem Sozialversicherungsträger und Finanzämter, die einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen Schuldnerunternehmen stellen. Der Grund: Diese Einrichtungen müssen offene Beitragsforderungen nachdrücklich verfolgen. Durch den Fremdantrag auf Verfahrenseröffnung wollen sie so früh wie möglich eine Klärung über die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Leistungsfähigkeit erhalten, um zu prüfen, ob die Forderungen noch eingebracht werden können.

Mangelhafte Kooperation ist schädlich für das angestrebte Sanierungsverfahren

Auch wenn sich der Fremdantrag für Geschäftsführer und Gesellschafter des Schuldnerunternehmens gegebenenfalls noch unangenehmer anfühlt als der Eigenantrag, kommen die Organe nicht umhin, trotzdem professionell, seriös und transparent mit dem Insolvenzverwalter zusammenzuarbeiten. Die Praxis zeigt leider, dass dies häufig nicht der Fall ist. Es herrscht dann eine Verweigerungshaltung, sodass sich die Fronten zwischen dem Insolvenzverwalter und der Geschäftsführung verhärten können. Diese mangelhafte Kooperation ist schädlich für eine Sanierung und möglicherweise auch für den Unternehmensverantwortlichen.

Arbeitet die Unternehmensleitung gegen den Insolvenzverwalter, werden alle Chancen für einen positiven Ausgang des Verfahrens vergeben. Ein vorliegender Eröffnungsgrund indiziert, dass wirtschaftliche Probleme des Unternehmens bestehen, die schnellstmöglich gelöst werden müssen. Durch mangelnde Kooperation kommt es meist dazu, dass notwendige Sanierungsschritte nicht vorgenommen werden, der vorläufige Insolvenzverwalter relevante Informationen nicht erhält und Kunden und Lieferanten nicht sinnvoll in das Verfahren eingebunden werden. Dann kann es in der Folge beispielsweise zu ausbleibenden Lieferungen kommen oder das Vertrauen der Kunden wird zerstört, was die Betriebsfortführung nahezu unmöglich macht.

Beträchtliches Risiko des Eingehungsbetrugs in der Insolvenz

Auf der anderen Seite versuchen Geschäftsführer häufig, am Insolvenzverwalter vorbei Vereinbarungen mit Lieferanten zu treffen oder bestimmte Zahlungen bevorzugt anzuweisen. Das Problem: Der Insolvenzverwalter muss in diesen Fällen sofort eingreifen und solche Aktivitäten blockieren, die seine seriöse Verfahrensführung negativ beeinflussen können und dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung widersprechen. Ist ein sogenannter Zustimmungsvorbehalt angeordnet, können Schuldner und Geschäftsführer beispielsweise an Lieferanten ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters keine rechtswirksamen Zahlungen mehr leisten. Nehmen sie in Kenntnis dieser Umstände dennoch Bestellungen vor, können sie diese nicht mehr bezahlen. In der Folge können hohe Lieferantenforderungen entstehen – mit dem Risiko für den Verantwortlichen, einen Eingehungsbetrug zu begehen!

Von einem Eingehungsbetrug spricht man, wenn der Betrug darin besteht, Verbindlichkeiten vertraglicher Natur einzugehen, ohne Willens oder in der Lage zu sein, diese Verbindlichkeiten auch zu erfüllen. Der Eingehungsbetrug ist eine Unterform des Betrugs gemäß § 263 Strafgesetzbuch (StGB): „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Insolvenzverwalter ist nicht der Feind des Schuldunternehmens

Die einzige sinnvolle Lösung ist, dass Geschäftsführer beziehungsweise Gesellschafter auch bei Fremdanträgen mit dem Insolvenzverwalter wie bei Insolvenzverfahren nach Eigenantrag zusammenarbeiten. Der Insolvenzverwalter ist nicht der Feind des Schuldunternehmens und der Organe, sondern ist bestrebt, alle Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung und damit Fortführung des Unternehmens zu nutzen.